Notfallinfo für Ladung, vorläufige Festnahme und Durchsuchung
Die hier dargestellten Regeln stellen keine Rechtsberatung dar und wollen und können kein Beratungsgespräch ersetzen, welches auf die jeweiligen Besonderheiten des Falles eingeht und diese würdigt. Allerdings haben sich Erfahrungswerte herausgebildet, welche nachfolgend dargestellt werden.
Grundsätzlich und zu allererst gilt: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold.
Weiterhin gilt:
Ein Beschuldigter hat das uneingeschränkte Recht, sich in jeder Lage des Verfahrens anwaltlichen Rat einzuholen und/oder einen Rechtsanwalt zu mandatieren bzw. zu befragen. Lassen Sie sich dieses Recht nicht nehmen!
v Wenn Polizeibeamte sich weigern sollten, den Kontakt mit einem Verteidiger herzustellen oder diesen zu ermöglichen, stellt dies nach diesseitiger Auffassung ein massives Dienstvergehen dar, welches mindestens mittels einer Dienstaufsichts-beschwerde dem Vorgesetzten zu Kenntnis gebracht werden sollte.
Kein Polizeibeamter hat das Recht, sich über rechtsstaatliche Grundsätze hinwegzusetzen; egal welche hehren Ziele auch verfolgt werden.
In einem Rechtsstaat darf der Grundsatz, wonach der Zweck die Mittel heiligt, nicht gelten.
Lassen Sie sich auch nicht mit Bemerkungen wie
„Wenn sie nichts zu verbergen haben, können sie doch Angaben machen“ oder „Ihre Angaben können Sie doch nur entlasten“ oder auch „Sie sind verpflichtet, Auskunft zu erteilen – das sehen sie doch täglich in Krimis“ verleiten, den Strafverfolgungs-behörden gegenüber Auskunft zu erteilen, ohne dass sie wissen, was ihnen konkret vorgeworfen wird und sie einen Verteidiger konsultiert haben.
Diese Kenntnis der konkreten Vorwürfe erlangt man nur durch Akteneinsicht.
Angaben ohne konkrete Kenntnis des Vorwurfs und Wissen über die Ermittlungserfolge sind immer gefährlich – es kommt nicht selten vor, dass anlässlich einer polizeilichen Vernehmung Lebensbeichten abgelegt werden und die Strafverfolgungsbehörden erst aufgrund der eigenen, redseligen Angaben Kenntnis von Taten erlangen, von denen sie vorher keine Kenntnis hatten.
Angaben gegenüber den Strafverfolgungsbehörden sollten erst dann gemacht werden, wenn man sichere Kenntnis davon hat, was konkret vorgeworfen wird und über welche konkreten Kenntnisse die Strafverfolgungsbehörden verfügen. Sämtliche Angaben gegenüber diesen Behörden ohne konkrete Aktenkenntnis sind daher grundsätzlich zu unterlassen; Angaben sollten seitens des Beschuldigten erst und ausschließlich nach anwaltlicher Beratung gemacht werden!
Es ist zu unterscheiden, ob es sich um eine Ladung der Polizei oder einer solchen der Staatsanwaltschaft handelt.
Staatsanwaltlichen Ladungen sind wesentlicher seltener und kommen nur in Ausnahmefällen vor. Ihnen ist stets Folge zu leisten, d.h. man muss einen solchen Termin zumindest wahrnehmen. Ob man Angabe macht bzw. welche Angaben gegenüber der Staatsanwaltschaft gemacht werden müssen, ist eine andere Frage; sofern eine Ladung der Staatsanwaltschaft vorliegt, empfiehlt sich vor Wahrnehmung des Termins eine anwaltliche Konsultation.
Polizeiliche Ladungen oder auch Schreiben der Polizei, welche überschrieben sind mit „Vorladung zur Vernehmung“ erwecken den Anschein, als sei man verpflichtet, dieser Vorladung auch nachzukommen. Dies ist man allerdings nicht. Das Nichterscheinen auf eine solche Vorladung hat keine unmittelbare Sanktion zur Folge. Allerdings besteht die Möglichkeit, dass die Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungs-verfahrens eine eigene Vernehmung anordnet, wenn einer polizeilichen Ladung nicht nachgekommen wird. Dies wird allerdings nur in Ausnahmefällen vorkommen.
Es passiert schneller, als man denkt, dass man in die Mühlen der Justiz gelangt. Stellen sie sich vor, dass Polizeibeamte zu einem Tatort kommen, an dem sich viele Personen aufhalten. Für die am Einsatzort eintreffenden Beamten sind die konkreten Umstände der Tat oder die Beteiligung eines der Anwesenden nicht unmittelbar erkennbar. Bereits aus diesem Grund besteht die Möglichkeit, als möglicher Täter oder zumindest Tatbeteiligter vorläufig festgenommen zu werden, auch wenn man mit der eigentlichen Tat nichts zu tun hat, sich nur zur falschen Zeit am falschen Ort aufhielt.
Vorläufig festgenommene Personen werden dann in den so genannten
„Polizeigewahrsam“ verbracht. Auch wenn die Atmosphäre im Polizeigewahrsam sehr belastend ist – komplett gekachelte Böden und Wände, gemauerte Pritschen, 24-stündiges Neonlicht und Videoüberwachung, Abnahme von Gürteln Schuhen etc. – gilt auch hier, dass eine Einlassung in dieser Verfahrenssituation erst dann erfolgen sollte, wenn man die konkreten Umstände bzw. Vorwürfe kennt.
Auch sollte man nicht davon ausgehen, dass man aufgrund einer in dieser Situation gemachten Aussage sofort wieder in die Freiheit entlassen wird. Um doch ein bisschen Fernsehkrimi-Strafprozessordnung einzubringen: Alles, was Sie sagen, kann und wird gegen Sie verwendet werden!
Über die Frage, ob ein vorläufig Festgenommener freigelassen wird oder aber in die Untersuchungshaft überführt wird, entscheiden nicht die Beamten, welche im Polizeigewahrsam tätig sind, sondern der zuständige Haftrichter, nachdem der diensthabende Haftstaatsanwalt einen entsprechenden Antrag gestellt hat.
Sowohl Haftrichter als auch Haftstaatsanwalt kommen täglich in den Polizei-gewahrsam, um die entsprechenden Fälle zu bearbeiten.
Auch im Polizeigewahrsam gilt:
der Beschuldigte eines Strafverfahrens darf sich in jeder Lage des Verfahrens anwaltlichen Beistandes bedienen: fordern Sie dieses Recht ein und verlangen Sie die Kontaktaufnahme zu einem Anwalt ihrer Wahl.
Auch als
Angehöriger kann man natürlich einen Anwalt informieren und damit beauftragen, Kontakt zu einem vorläufig Festgenommenen aufzunehmen. Der beauftragte Rechtsanwalt wird dann ein „Anbahnungsgespräch“ mit dem Beschuldigten im Polizeigewahrsam führen.
Als Angehöriger sollte Ihnen jedoch auch bewusst sein, dass eine Kontaktaufnahme zu dem Festgenommenen nur einem Rechtsanwalt gestattet wird und ansonsten nicht möglich ist; ein Besuchsrecht für Angehörige im Polizeigewahrsam existiert nicht.
Durchsuchungen, welche von der Staatsanwaltschaft als Herrin des Ermittlungsverfahrens angeordnet wurden, können zu jeder Tageszeit geschehen – ein Tag fängt dabei früher an als man denkt. Auch besteht die Möglichkeit, dass die Polizei eine Durchsuchung wegen der Eilbedürftigkeit der Angelegenheit – d.h. bei Gefahr im Verzug – anordnet, was dazu führen kann, dass eine Durchsuchung zur Nachtzeit erfolgt.
Ob die Anordnung der Durchsuchung erfolgen durfte, auf welche Räumlichkeiten und Gegenstände sich die Durchsuchung erstrecken darf sowie die Frage, ob die durchgeführte Maßnahme ordnungsgemäß war, ob Gegenstände überhaupt beschlagnahmt werden durften etc. ist ohne anwaltliche Hilfestellung kaum zu überprüfen. Bei der Durchsuchung selbst sollten Sie – sofern Sie keinen Rechtsanwalt informiert haben sollten (was nicht ratsam ist)
darauf achten, dass sämtliche sichergestellten Gegenstände in einem Sicherstellungsprotokoll quittiert werden.
Verschaffen Sie den Strafverfolgungsbehörden Zugang zu den Räumlichkeiten, welche in der Durchsuchungsanordnung erwähnt sind. Dies erspart Ihnen die anschließende Reparatur aufgebrochener Türen und Schlösser.
Widersprechen Sie der Sicherstellung der Gegenstände, um sich durch eine gegenteilige Erklärung nicht ihre Rechte im weiteren Verfahren abzuschneiden.